Päpstliche Rolle Rückwärts bei der Eucharistie

(Lesezeit 6 Minuten) Im Streit um die Teilnahme evangelischer Eheleute an der katholischen Eucharistie hat der Papst über den Chef seiner Glaubenskongregation, Erzbischof Luis Ladaria die Notbremse gezogen. Inhaltliche Klarheit aber schuf Papst Franziskus damit nicht. Vielleicht gehen ihm die Hoffnungen der katholischen Mehrheit tatsächlich zu weit; gewiss aber sieht er am Streit in der Deutschen Bischofskonferenz (DVK), dass eine nicht unerhebliche Minderheit ihrer Mitglieder eine weitgehende Öffnung für konfessionsverbindende Paare und ihre Teilnahme an der Eucharistie ablehnt. Da der Papst aber die Einheit der Kirche nicht aus dem Blick verlieren darf, greift er fürs erste mäßigend ein und nimmt Rücksicht auf diese Minderheit: Auch über die Frage der gemeinsamen Eucharistie soll die katholische Kirche nicht zerbrechen.
Es geht um die niemals im Detail fertig gewordene „Handreichung“ zum gemeinsamen Kommunionsempfang für gemischte Paare, die die katholischen Bischöfe im Februar bei ihrer Frühjahrsvollversammlung in Ingolstadt gutgeheißen hatten. Bei ihrer kirchenrechtlichen Öffnung bezogen sich die Bischöfe auch auf Äußerungen des Papstes bei seinem Besuch in unserer evangelisch-lutherischen Kirche in Rom Ende 2015, als er auf die entsprechende Frage einer evangelischen Ehefrau, die seit Jahrzehnten mit einem Katholiken verheiratet ist, antwortete: “Ich werde nie wagen, Erlaubnis zu geben, dies zu tun, denn es ist nicht meine Kompetenz. Eine Taufe, ein Herr, ein Glaube. Sprecht mit dem Herrn und geht voran. Ich wage nicht mehr zu sagen.”
Seither fühlen sich viele Evangelische zur Eucharistie eingeladen, wenn sie bei gemeinsamer Taufe und gemeinsamem Glauben sowie dem inneren Wunsch folgend zum Ergebnis kommen, sie könnten mit gutem Gewissen mit ihrem katholischen Ehepartner zum Altar „vorangehen“. In einem anderen Teil seiner Antwort hatte der Papst in der evangelischen Kirche in Rom nämlich auch gesagt, die gemeinsame Eucharistie müsse nicht am Ende des ökumenischen Prozesses stehen, sie könnte auch als Stärkung auf dem Weg dorthin angesehen werden. Das sah nach weitgehender Öffnung aus, die weniger das Kirchenrecht im Blick hat und die darin festgelegte „drängende schwere Notlage“ eines gemischtkonfessionellen Paares als den dringlichen Wunsch, die ehrliche Selbstprüfung und daraufhin die gewissenhafte Entscheidung.
Nun aber ließ sich Ladaria, der Jesuit von der Insel Mallorca, “mit der ausdrücklichen Zustimmung des Papstes” von den Bedenken der Minderheit unter Führung des Kölner Kardinals Rainer Woelki lenken und lehnte die Handreichung der Mehrheit ab. Er tut das in einem knapp anderthalb Seiten langen Brief, der an den DBK-Chef Kardinal Marx gerichtet ist, von dem Marx aber zuerst aus den Agenturen erfuhr, bevor er bei ihm selber eintraf. Darin heißt es: “Der Heilige Vater ist zu dem Schluss gekommen, dass das Dokument nicht reif ist zur Veröffentlichung”. Ladaria beruft sich darauf, dass er sich zweimal im Mai mit dem Papst über dieses Thema unterhalten habe und schreibt, die Frage der Kommunionzulassung berühre den Glauben und habe eine Relevanz für die Universalkirche. Ladaria spricht von “nicht zu unterschätzenden Auswirkungen” auf die ökumenischen Beziehungen zu anderen Kirchen und Gemeinschaften und verweist auf schwierige kirchenrechtliche Implikationen bei einer solchen Öffnung.
Tatsächlich stammt dieser Brief also nicht direkt vom Papst; wohl aber wäre es unangemessen anzunehmen, dass Erzbischof Ladaria den Papst nach seinen beiden Audienzen im Mai falsch interpretieren würde. Für Marx ist dieser Bescheid aus Rom in jedem Fall eine Düpierung, tut er doch so, als sei eine einvernehmliche Entschließung in der Deutschen Bischofskonferenz nicht mehr möglich. Dabei hat dieser Prozess erst begonnen.
((Der Sprecher von Marx teilte mit: “Der Brief des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre vom 25. Mai 2018 hat den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, heute Abend (4. Juni 2018) erreicht. Beim Gespräch am 3. Mai 2018 in Rom wurde den dort teilnehmenden Bischöfen gesagt, dass sie ‚im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung‘ finden sollten. Der Vorsitzende ist deshalb überrascht, dass noch vor dem Finden einer solchen einmütigen Regelung jetzt dieses Schreiben aus Rom eingegangen ist. Der Vorsitzende sieht auch nach dem Brief weiteren Gesprächsbedarf innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz, vor allem auch im Ständigen Rat und in der Herbst-Vollversammlung, aber auch mit den entsprechenden Römischen Dikasterien und dem Heiligen Vater selbst.“))
So ganz überraschend kommt die Stellungnahme aus der Kurie nicht. Am Montagvormittag (4.Juni) hatte der Papst das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes unter Leitung seines Vorsitzenden, Bischof Gerhard Ulrich empfangen. Er bat den Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland um mehr Geduld beim ökumenischen Dialog: “Wir müssen gemeinsam gehen und voranschreiten, doch nicht ungestüm vorpreschen, um begehrte Ziele zu erreichen sondern gemeinsam geduldig gehen unter dem Blick Gottes.” Dabei nannte er auch die Punkte für mehr Geduld. “Einige Themen – ich denke hier an die Kirche, an die Eucharistie und an das kirchliche Amt – verdienen eingehende und gut abgestimmte Überlegungen”, wurde der Papst zitiert. jöb.