(Lesezeit 5 Minuten) Bundesaußenminister Volker Beck, derzeit auf Antrittsbesuch in Israel, schreibt zu Recht in einem Twitter heute aus Jerusalem:
Jerusalem ist tatsächlich die Hauptstadt Israels. Die eigentliche Frage ist der Status Ostjerusalems, das hinter der Waffenstillstandslinie von 1949 liegt. Er muss in einer Gesamtvereinbarung zwischen Israel & Palästinensern und/oder seinen Nachbarn geregelt werden.
Wenn US-Präsident Donald Trump darauf besteht, diesen Hauptstadtstatus dadurch deutlich zu machen, dass er die US-Botschaft nach West-Jerusalem setzt, sollten wir Deutschen das auch tun. (Zum Beispiel böte sich dafür als Sitz die alte deutsche Leprastation in Rehavia an) Gleichzeitig aber könnten wir offiziell die Residenz des ständigen Vertreters bei den Palästinensern, (wenn nicht dessen Gesandtschaft von Ramallah) in den Kern von Ostjerusalem verlegen. Anstatt irgendwo am Rande Ostjerusalems zu wohnen, sollte unser Gesandter auf dem Areal der Auguste Victoria residieren.
Dieser Berg ist für Israels Sicherheit besonders wichtig; denn er guckt sowohl in die Altstadt als auch in die Jordanebene. Zurzeit wird er treuhänderisch vom Lutherischen Weltbund (LWB) betreut. Er gehört aber der deutschen evangelischen Kirche (EKD), bzw. einer ihrer Stiftungen.
Während der Lutherische Weltbund (LWB) mit den skandinavischen Kirchen gegenüber Israel relativ kritisch eingestellt ist, sieht sich die EKD zwischen Israel und den Palästinensern und möchte Brücke sein. Würden die Deutschen wieder agierende Eigentümer auf der Auguste Viktoria sein und ihre Sicherheitsvorstellungen durchsetzen, könnte das den israelischen Sicherheitsbedürfnissen entgegen kommen, ohne palästinensischen Interessen zu schaden. Das Areal ist mit mehr als 20 Hektar groß genug, um es – neben dem Krankenhaus, einem Gemeindezentrum und dem Dtsch evangelischen Institut für die Altertumswissenschaft im Heiligen Land – auch für die Residenz bzw. für die Vertretung bei der palästinensischen Autonomie zu nutzen. Damit würde die Absicht von Präsident Trump einerseits verstärkt, andererseits komplementiert.
Das großartige Krankenhaus auf der Auguste, das neben anderem Spezialbehandlungen für palästinensische Krebs-und Dialyse-Patienten anbietet, war einst vom Kaiser Wilhelm II. als Gästehaus gebaut worden. Es ist prunkvoll und groß. Churchill residierte dort. Als Gästehaus ist es weitaus besser geeignet, denn als Krankenhaus. Es wäre darum gut, ein modernes Hospital auch mit einer Notfall-Ambulanz neu zu bauen und das Gästehaus wieder zu einem Hotel werden zu lassen.
Gewiss, das alles ist nicht für umsonst zu bekommen. Aber es käme Bewegung in den politischen Prozess. Das Mantra von der Zweistaatenlösung könnte vielleicht noch einmal belebt werden. In der Tat, Jerusalem ist die Hauptstadt Israels; und Ostjerusalem bleibt das Zentrum der Palästinenser. Vielleicht ist die Zeit jetzt reif, nicht zuletzt weil möglicherweise ziemlich bald die Ära Netanyahu zu Ende geht. Allzu bedrohlich erscheinen die Korruptionsvorwürfe. (jöb.)