(Lesedauer 5 Minuten) Papst Emeritus Benedikt XVI. feiert an diesem Montag seinen 91. Geburtstag. Anders als vor einem Jahr kommen heute keine bayerischen Gruppen mit Bier und Brezeln zum umgebauten Kloster in die Vatikanischen Gärten. Auch der bayerische Ministerpräsident hat sich nicht angesagt. Nur der drei Jahre ältere Bruder des Papstes, Georg, ist schon seit ein paar Tagen wieder zu Gast bei dem am 1. April 1927 geborenen Josef Ratzinger. Der Geburtstag begann wie jeder andere Tag mit der Messe, die freilich an diesem Montag den Jubilar gewiss in besonderer Weise in die Segenswünsche einschloss. Zum Mittagsbrot versprach der Privatsekretär des Emeritus, Erzbischof Georg Gänswein, dem Jubilar das Lieblingsessen, das wie an jedem Tag die Schönstätter Marienschwestern zubereiteten, die für den Haushalt des Emeritus sorgen. Natürlich gebe es von den Ordensfrauen und ihm selbst auch ein Geschenk. Alles in allem werde es aber “nur eine ‘Familienfeier’, nichts Großes”, sagte Gänswein.
Schon schickte Papst Franziskus seinem Vorgänger beim Angelus auf dem Petersplatz Geburtstagswünsche. Womöglich schaut Franziskus an diesem Montag noch einmal kurz rein; denn Benedikts „Kloster“ liegt kaum einhundert Meter vom Petersdom entfernt – und nur etwas höher im Garten. Ein Gitter verbirgt den Blick auf das schlichte Haus, und jetzt verschwindet das Gebäude dazu noch hinter dem frischen Grün der Weinreben. Der einst von Johannes Paul II. in Auftrag gegebene Bau war in der Tat einmal ein Kloster, und verschiedene Gemeinschaften kamen kurzfristig darin unter. Tatsächlich aber erinnert das Gebäude mehr an ein Einfamilienhaus mit Kapelle. In einem päpstlichen Palast wohnt Benedikt jedenfalls nicht. Der Besucher tritt zunächst in einen schmalen Flur, der am Aufzug endet. An der Garderobe hängt meist die weiße Windjacke des Papstes, die er vielleicht auch an diesem Montagnachmittag nutzen wird, wenn er mit dem Rollator ein paar Schritte nach draußen tut. Früher ging er ein gutes Stück und betete den Rosenkranz.
In den letzten Tagen war neuerlich von einem bedenklichen Gesundheitszustand geredet worden. Der Vatikan dementierte mit zwei Fotos vom Emeritus. Schon im vergangenen August hieß es einmal, dem Papst gehe es wirklich schlecht. Er leide sehr unter der Hitze und sei schwach. Jetzt aber verlautet dagegen, natürlich werde der alte Papst nicht jünger. Er könne nur noch langsam gehen und höre schwer. Darüber hinaus aber sei er eben so fit, wie ein alter Mann in so hohem Alter nun einmal fit sein kann. Tatsächlich ist Benedikt noch zierlicher geworden, macht dadurch wohl einen noch gebrechlicheren Eindruck. Immer wieder wurden auch Sorgen darüber geäußert, dass er nicht genug äße.
Aber laut Gänswein empfängt der Emeritus weiter Gäste. Die dürfen dann in seinem Wohnzimmer Platz nehmen, das mit hellen weißen Sitzmöbeln ausgestattet ist. Ein prachtvolles altes geistliches Gemälde bringt so viel Farbe in den Raum wie die Bücher an der Wand und jetzt eben auch der Garten vor dem großen Fenster. Benedikt ist immer ein guter Gastgeber gewesen, der stets ein intensives Gespräch jedem Small Talk vorzog. Auch vergaß er frühere Themen seiner Gäste nicht.
Dabei lauern seine Besucher oft darauf, dass er sich womöglich kritisch über seinen Nachfolger äußert, wird doch vermutet, dass Benedikt „wesentlich konservativer“ sei als sein Nachfolger. Aber das ist nicht nur ein voreiliges Urteil. Zum einen hat Benedikt unter seinem Papstamt gelitten, und dürfte schon aus menschlicher Sicht versuchen, die Aufgabe seines Nachfolgers nicht noch schwerer zu machen. Zum anderen lassen sich viele Verbindungen zwischen der Theologie von Benedikt und der Pastoral von Franziskus ziehen. Franziskus wird jedenfalls nicht müde, immer wieder seinen Vorgänger zu zitieren. Im Weiteren versprach Benedikt seinem Nachfolger bei der „Übergabe der Geschäfte“ damals im Frühling 2013 in Castelgandolfo, er werde sich zurückhalten und treu den Kurs des neuen Bischofs von Rom unterstützen.
Schließlich noch eine kleine ökumenische Anekdote: Franziskus überreichte der lutherischen deutschen Gemeinde in der Christuskirche von Rom bei seinem Besuch im November 2015 einen Abendmahlskelch und legte der Gemeinde nahe, dass gemischt konfessionelle Ehepaare aus der lutherischen und katholischen Kirche gemeinsam zur Eucharistie gehen sollten, wenn sie denn getauft seien, dasselbe glauben, dasselbe beten und den Herrn befragt hätten. Diese Initiative ging einher mit der Bitte an den Chef der Katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Marx und den EKD-Ratsvorsitzenden Bischof Bedford-Strohm, die theologischen Bedenken für so einen lutherisch-katholischen Schritt zu überwinden. Diese Idee wurde im gesamten Christusjahr des 500.Luthergedenkens 2017 beraten; gleichwohl kommt nur sie langsam voran. Dabei wollte schon Benedikt XVI. die Ökumene auf diesem Sektor vorantreiben. Auch er hatte vor, bei seinem Besuch im März 2010 der deutschen lutherischen Gemeinde einen katholischen Abendmahlskelch zu schenken. Doch die lehnte damals aus Unkenntnis und in ängstlicher Überraschung ab. Stattdessen erhielt sie dann vom Papst die eigens hergestellte Kopie des Petrus-Mosaiks, wie es beim Grab des Petrus zu sehen ist. Das sollte bei aller Unterschiedlichkeit Nähe und Gemeinsamkeit ausdrücken. Diesem Autor sagte Benedikt XVI einmal zu Beginn seiner Zeit in Rom, gute evangelische Christen seien wichtig. Es bedürfe des Dialogs zwischen den so reicher werdenden Denominationen. Und – weil es gerade ein Thema war – „Konvertieren Sie nur nicht!“ (jöb.)