(Lesezeit 4 Minuten) Noch im Juni hieß es, Papst Franziskus wolle eine „Rolle rückwärts“ und sträube sich dagegen, konfessionsverbindenden Paaren den Zugang zur Eucharistie zu erleichtern. Dies Gerücht kam auf, als der Papst im April die Veröffentlichung einer „Handreichung“ der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Februar zu unterlassen bat. Tatsächlich ging dem Papst die Handreichung nicht weit genug; sie erschien ihm „restriktiv“, wie er es vor Journalisten formulierte. Der Papst wollte nicht über die Bischofskonferenz allgemeingültige Regeln gefasst wissen, die den Bischof binden würden. Er wünscht vielmehr möglichst freie pastorale Entscheidungen, ohne dabei das – auch einen Papst selber bindende – Kirchenrecht zu beugen. Und so kam es, wie dieser Blog schon lange vermutete. Die päpstliche Öffnung ging einen Umweg: Die Bischofskonferenz deklarierte ihre „Handreichung“ in eine nicht bindende „Orientierungshilfe“ um und veröffentlichte sie. Ende Juni wurde der Text an alle Diözesen verschickt. 39 Seiten ist er lang; er heißt ganz nach Evangelium und Papst: „Mit Christus gehen – der Einheit auf der Spur – konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme der Eucharistie“. Nur wenige Tage später schon schlagen die ersten Bischöfe einen neuen Weg ein.
Als erster beschloss der Erzbischof von Paderborn Hans-Josef Becker, „in Einzelfällen“ ohne priesterliche Prüfung protestantischen Ehepartnern von Katholiken den Empfang der Kommunion zu gestatten. Durch die Taufe, den christlichen Glauben und das Sakrament der Ehe, das sich die Ehepartner gegenseitig spendeten, seien die zwei eng miteinander verbunden. Beim evangelischen Ehepartner könnten dadurch die „Sehnsucht und der starke Wunsch“ zum Empfang der Eucharistie vorhanden sein, und dann gehe es darum, „zu einer verantwortlichen Gewissensentscheidung zu kommen“, schrieb Becker als Ergebnis einer Sitzung seines Priesterrates am 27. Juni. Dies sei allerdings keine „allgemeine Zulassung“, ergänzte der Erzbischof, die dem Kirchenrecht widerspräche. Gewissensentscheidung ist hier das wichtige Wort.
Jetzt, zum Wochenende, wandte sich der Bischof von Würzburg Franz Jung mit einer zweitägigen Einladung an protestantische Ehepartner von Katholiken, wenn sie am 5. und 6. Juli, den „Tagen der Ehejubilare“ nach 25, 50, oder 60 Jahren Ehe mit ihrem katholischen Ehepartner oder ihrer Ehepartnerin an den Altar treten wollen. Es handle sich dabei nicht um eine Einladung „in Einzelfällen“, ließ Jung erklären, und ging dabei wegen des Ehefestes über das Kirchenrecht hinweg. Im Einklang mit der Bischofskonferenz will der erst im Februar vom Papst ernannte Bischof Jung, „diese gelebte Treue in der Hauskirche der Ehe… gerade auch in konfessionsverbindenden Ehen noch einmal besonders gewürdigt wissen”. Das heißt: „Keine Einzelfallprüfung“.
Alles deutet darauf hin, dass es nicht bei diesen zwei Tagen des Sonderdispenses bleiben wird. Vielmehr wird in Paderborn wie in Würzburg und auch schon in anderen Diözesen an eine pastorale Regelung auf lange Zeit gedacht, die aber in Einklang mit dem Kirchenrecht gebracht werden muss, solange es aus Rom keine Änderung der juristischen Schranken gibt, die nur in äußersten Notfällen die Zulassung von Mitgliedern der evangelischen Kirchen an der Eucharistie vorsieht. Zu laut war die Kritik aus den Reihen der katholischen Ehepartner, um länger zu warten. Lange sei „intensiv darum gerungen“ worden, wird Bischof Jung zitiert, „wie ein geistlicher Weg aussehen könnte, an dessen Ende eine Zulassung im Einzelfall evangelischen Partners zur Kommunion aussehen könnte.“ Er werde diese Empfehlung „Mit Christus gehen“ noch einmal intensiv mit den diözesanen Räten beraten. „Für heute aber, den Tag der Ehejubiläen, möchte ich für konfessionsverbindende Ehen, in denen die beiden Partner einander solange die Treue gehalten haben, die Einladung zur Eucharistie aussprechen“, schrieb Jung.
Was der Papst eigentlich will, das sagte er in unserer Gemeinde in Rom im November 2015, als ihn ein Gemeindeglied fragte, warum sie denn nicht mit ihrem katholischen Ehemann zur Kommunion gehen dürfe. Es sei nicht einfach für ihn, vor allem in Anwesenheit gelehrter Kardinale eine Antwort zu geben, antwortete Franziskus. „Ich denke, der Herr hat uns gesagt, als er diesen Auftrag gab: Tut dies zu meinem Gedächtnis…. Das Leben ist größer als Erklärungen und Deutungen. Nehmt immer auf die Taufe Bezug: „Ein Glaube, eine Taufe, ein Herr“, sagt uns Paulus, und von daher zieht die Schlussfolgerungen. Ich werde nie wagen, Erlaubnis zu geben, dies zu tun, denn es ist nicht meine Kompetenz. Eine Taufe, ein Herr, ein Glaube. Sprecht mit dem Herrn und geht voran. Ich wage nicht mehr zu sagen.“ Das klang ziemlich eindeutig.
Natürlich kann ein Papst nicht mit einem Federstreich das Kirchenrecht und die theologische Praxis. Täte er das, dann wäre die Gefahr eines Buches innerhalb der katholischen Kirche noch größer; denn schon gibt es auch gegen die Entscheidungen des Paderborn und Würzburg heftige Kritik aus jenen Kreisen, die die „Dignität der Theologie“ für wichtiger achten als den Glauben des Kirchenvolkes. jöb.