(Lesezeit 4 Minuten) Im Salon der Deutschen Botschaft beim Vatikan in Rom ist am Montagabend „Ein Kelch für zwei“ vorgestellt worden. Das hatte seinen Grund: Die Idee zu dieser Aufsatzsammlung über die „ökumenische Debatte um die Kommunion bei konfessionsverbindenden Paaren“ war im Herbst 2017 im Garten der Residenz erstmals beraten worden, als ich per Zufall mit Burkard Menke vom Patmos-Verlag ins Gespräch kam; zunächst über den Nieselregen und dann eben über die Ökumene-Debatte, die in der Zeit von Botschafterin Annette Schavan so intensiv geführt worden war.
Frau Schavan verließ mittlerweile Rom und Michael Koch hat ihre Nachfolge angetreten. Auf seine Einladung hin kamen 70 Gäste aus der deutschsprachigen Ökumene in Rom, um zwischen den prachtvollen Gobelins an dem Gespräch teilzunehmen, das die evangelische Publizistin Bettina Gabbe und ihr katholischer Kollege Michael Feth mit mir als dem Herausgeber des „Kelches“ führten.
Ob der Kelch nun halb leer oder halb voll sei, lautete eine Frage? Christi Kelch der Gnade sei übervoll und reiche für alle, die an ihn glauben und darum davon trinken möchten, lautete meine Antwort. Mein Plädoyer, Jesus als dem Gastgeber bei der Eucharistie zu folgen und die ökumenische Gastfreundschaft zu beschließen, stieß bei den Geistlichen aus dem Vatikan in der ersten Reihe nicht auf spürbaren Widerspruch.
Am Tiber hat man nämlich miterlebt, wie in der Luther-Dekade und dann 2017 im ökumenisch gefeierten Christusjahr durch Papst Franziskus und mehrere Tagungen die letzten Hindernisse zur Eucharistie-Teilnahme theologisch, pastoral und historisch abgebaut werden konnten. Vor allem beim Thema der Sakramentslehre Luthers und dem Amtsverständnis beider Kirchen konnten die Hindernisse überwunden werden. Allein das Kirchenrecht hinkt naturgegeben hinterdrein, worüber das Buch vom Kelch Zeugnis ablegt.
An dem Abend in der Residenz wurde die Sehnsucht nach mehr Gemeinsamkeit bei gleichzeitigem Respekt vor der Verschiedenheit deutlich; – und Empörung darüber geäußert, wenn bei der Trauung eines katholisch-evangelisches Paares bisweilen noch die protestantischen Teilnehmer offiziell von der Eucharistie ausgeschlossen werden. „Das geht gar nicht!“, schüttelte ein Prälat den Kopf.
Die vertraut empfundene Nähe der Evangelischen und Katholischen im deutschsprachigen Raum wurde gewürdigt. Sie mache theologisch sauber möglich, was in anderen Weltgegenden zwar noch undenkbar sei, auch wenn bisweilen die lasche ökumenische Allerweltspraxis dort längst über alles hinwegsehe und damit „alles“ zulasse.
Warum aber billig einem Zeitgeist folgen, wenn man auch theologisch sauber zu mehr Gemeinsamkeit kommen kann? Warum nicht einmal gute Nachrichten von den Kirchen bringen, wenn sonst meist von Kindes- und Amtsmissbrauch die Rede ist? Der Abend endete nicht nur mit vielen weiteren Fragen sondern auch in der Hoffnung, dass die nächsten Kirchentage endlich tragende Brücken bauen. Die römische Kirche sehe nämlich, dass Luther als Nachfolger von Augustin und Bernhard von Clairvaux katholischer war als die Kirche seiner Zeit, hieß es, während die Evangelischen endlich ihre unbegründete Furcht vor einer „Rückkehr-Ökumene“ ablegen müssten.