Der Krieg im Nah-Ost geht weiter – der politische Druck nimmt zu

(Lesedauer 4 Minuten) Schon wird nach Siegern und Verlierern im derzeitigen Nahostkonflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern der Hamas im Gazastreifen gefragt. Diese Frage aber kommt wohl zu früh. Der Krieg geht weiter. Keine Seite will schon nachgeben; und so stehen jetzt nur Verlierer fest: die Zivilisten im Gazastreifen und die Opfer unter der israelischen Bevölkerung. Menschen auf beiden Seiten müssen das zynische Spiel der Hamas sowie den Unwillen der israelischen Führung nach einem Ausgleich seit dem Machtantritt Netanjahus ausbaden.

Vielleicht ist die Frage nach einem Sieger aber auch jetzt schon beantwortbar. Vieles spricht nämlich dafür, dass dieser Konflikt nicht nur nach einem alten Muster begann, sondern auch so ähnlich zu Ende gehen wird. Wir hatten ja schon mindestens dreimal ähnliche Waffengänge, wenn auch mit geringerer Intensität, und jedes Mal endete der Konflikt ohne Sieger. Natürlich brüstete sich die Hamas, sie habe wieder einmal bewiesen, als einzige Kraft der Palästinenser und Israelis Widerstand zu leisten. Aber um welchen Preis spielte dabei keine Rolle. Auch die israelische Regierung stellte sich stets als Sieger dar. Sie habe den Terroristen schweren Schaden zugefügt, deren Infrastruktur zerschlagen und wieder für Frieden in Israel gesorgt. In der Tat: Der Schaden im Gazastreifen erscheint wieder einmal unermesslich; doch der Frieden dauerte danach bestenfalls ein paar Jahre.

Aber vielleicht sieht die Lage diesmal doch anders aus. Tatsächlich scheint die jüngste Gewaltspirale von neuer Qualität zu sein. Denn es handelt sich nicht nur um einen neuen Krieg zwischen der Hamas-Diktatur im Gazastreifen, die ihre Bevölkerung seit Jahrzehnten unterdrückt, sowie der israelischen Demokratie daneben. Die Hamas hat geschickt einen – seit Jahren währenden – Rechtsstreit um palästinensisch bewohnte Häuser in Ostjerusalem genutzt, die womöglich vor der Staatsgründung Israels einmal von Juden bewohnt gewesen waren und nun restituiert werden sollen. Die Hamas hat die fortschreitende Verdrängung von Arabern aus Ostjerusalem genutzt und zu einem neuen „Dschihad für Al Quds“ aufgerufen. Wie schon zu Beginn der zweiten Intifada vor 20 Jahren weckte sie damit den islamistischen Mob im Israel zwischen Jaffa und Akko auf. Natürlich gibt es nationalistischen Mob auch auf jüdischer Seite: Der nutzt diese vergiftete Stimmung, um – zum Beispiel in Jaffa – schnell einmal beim arabischen Nachbarn einen Molotowcocktail ins Kinderzimmer zu werfen. Also im Blick auf Mobilisierung hat Hamas tatsächlich „Erfolg“. Das vor allem arabische Zivilisten ums Leben kommen und in Jaffa dann eben auch arabische Kinder, ist Hamas egal.

Schlimmer noch: Der israelische Ministerpräsident Netanjahu bedient sich zu seinem Machterhalt immer stärker dieses Mobs. Dabei hat dieser Mann niemals irgendwelche ethischen Gesetze gelten lassen. Man kann sich noch daran erinnern, dass er auf Plätzen im Schatten von Plakaten für seinen Likud Wahlkampf machte, die seinen Widersacher Ministerpräsident Itzhak Rabin mit einem Hitler-Schnäuzer zeigten. Er wollte diese Hetzer damals nicht gesehen haben; aber die Kameraeinstellungen zeigten das Gegenteil. Und wenig später wurde Rabin ermordet. Unter Netanjahu ist Israel zunehmend in grobschlächtige Hände geraten, denn er lässt sie gewähren.

Israels Polizeichef Kobi Shabtei warf jetzt zum Beispiel dem rechtsnationalistischen Abgeordneten Itamar Ben Gvir vor, er vor allem sei für die „Intifada“ in Ostjerusalem verantwortlich. Der Knesset-Deputierte von der Gruppe Lehava, der ein Gesetz fordert, das Ehen zwischen Juden und Arabern verbietet, hat sein Büro provokativ in Jerusalems arabischem Stadtteil Scheich Dscharah. Von dort lässt er Getreue mit dem Kampfruf „Tod den Arabern“ ausschwärmen. Bisher ließ die Polizei ihn gewähren. – Seit dem Nationalstaatsgesetz von 2018, wonach im Staat Israel „das Recht auf nationale Selbstbestimmung einzigartig für das jüdische Volk“ festgehalten wird, sehen sich Araber, immerhin 20 Prozent der israelischen Bevölkerung, an den Rand gedrängt und zunehmend auch Ostjerusalem ausgegrenzt. Der Schriftsteller Etgar Keret hat jüngst im Feuilleton der FAS darauf verwiesen, dass Israel längst kein normaler Staat mehr sei: „In einem normalen Land hätte der Sicherheitsminister niemals darauf bestanden, mitten im Ramadan den Vorplatz des Damaskus-Tors zur Altstadt absperren zu lassen. Und in einem normalen Land hätte die israelische Polizei auf die Proteste in Jerusalem mit mehr Zurückhaltung reagiert, wie sie es in der Vergangenheit auch getan hat – und nicht Blendgranaten in die Al-Aqsa-Moschee gefeuert, deren Explosionen in der ganzen Welt widerhallten.“

Bisher schien man sich aber in Israels Führung sicher zu sein, dass so eine anti-arabische Politik nicht von den israelischen Feinden, zum Beispiel von der Hamas, als Vorwand für einen Waffengang genutzt werden würde. Das ist aber nun geschehen. Jetzt kann sich Israel nicht mehr darauf verlassen, dass man – zunehmend ziellos – auch Zivilisten im Gazastreifen töten kann, ohne zugleich israelisch-arabische Unruhen in Israel zu provozieren. Bisher ist die israelische Regierung davon ausgegangen, dass es bequemer ist, einen Waffengang mit der Hamas im Gazastreifen zu riskieren als nach einem Weg zu suchen, beide Nationen auf diesem kleinen Stückchen Land miteinander zu versöhnen. Seit den fernen Zeiten der Ministerpräsidenten Rabin, Peres und Barak stagniert der Ausgleichsprozess. Könnte nun der neue Waffengang eine Chance dazu sein, endlich wieder zu Gesprächen eines Ausgleichs zu kommen?

Leider sieht es nicht danach aus: Der Hamas geht es nicht um Ausgleich. Zudem ist diese Terror-Gruppe auch kein Partner. Die Fatach, die das Westjordanland „regiert“, ist korrupt und machtlos. Netanjahu auf der anderen Seite wollte den Ausgleich noch nie riskieren. Jetzt denkt der – von einem Korruptionsprozess bedrohte Ministerpräsident – mutmaßlich vor allem an seine Macht. Die Fortsetzung des Kampfes hilft ihm da; der Krieg ist derzeit populär. Zudem bräuchte es starke Partner von draußen, die ihr Gewicht und ihre Garantien für einen Waffenausgleich einbringen könnten. Immerhin ist US-Präsident Biden als Vermittler aktiv. Er schickte einen Unterhändler in den Nahen Osten. Doch für die neue amerikanische Administration kommt der jüngste Waffengang zu früh. Biden muss seinen eigenen Kurs – zwischen allein pro-palästinensischen Gruppen seiner Demokraten und dem Nur-Netanjahu-treuen Kurs seines Vorgängers – erst noch finden.

Hinter vorgehaltener Hand wird von emsiger Diplomatie berichtet. Man hört nicht viel; auch die Europäer seien aktiv. Russland habe kein Interesse an einer Ausweitung des Konflikts. Bei den Vereinten Nationen in New York wird nach einer gemeinsamen Entschließung gesucht. Mit EU und UN, mit Washington und Moskau wäre damit wieder einmal das 2002 ins Leben gerufene politische „Nah-Ost-Quartett“ aktiv. Bis auf Iran haben auch die arabischen Staaten kein Interesse an einem Krieg; und selbst Teheran scheint sich zurückzuhalten; sonst würde Israels Norden längst von den Raketen der proiranischen Hisbollah im Libanon beschossen. Aber mehr zeigt sich derzeit nicht. Hamas schießt; Israel schießt zurück. Also steht nur eines fest: Noch gibt es keine Sieger, aber unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen und in Israel zunehmend viele Verlierer.  (jöb.)

 

 

56 thoughts on “Der Krieg im Nah-Ost geht weiter – der politische Druck nimmt zu

  1. Hey! Quick question that’s totally off topic. Do you know how to make your site mobile friendly? My website looks weird when browsing from my iphone4. I’m trying to find a template or plugin that might be able to fix this problem. If you have any recommendations, please share. Many thanks!

  2. I keep listening to the news update speak about receiving free online grant applications so I have been looking around for the most excellent site to get one. Could you advise me please, where could i find some?

  3. I have realized that over the course of building a relationship with real estate managers, you’ll be able to come to understand that, in most real estate transaction, a commission amount is paid. In the long run, FSBO sellers don’t “save” the payment. Rather, they try to earn the commission through doing a great agent’s job. In the process, they devote their money and time to complete, as best they will, the tasks of an broker. Those assignments include disclosing the home by means of marketing, showing the home to prospective buyers, developing a sense of buyer desperation in order to trigger an offer, preparing home inspections, controlling qualification investigations with the bank, supervising repairs, and aiding the closing of the deal.

  4. Today, with the fast life-style that everyone leads, credit cards get this amazing demand throughout the economy. Persons throughout every area of life are using the credit card and people who aren’t using the card have arranged to apply for one. Thanks for sharing your ideas on credit cards.

  5. Обожаю развлечения на слотах. А к покеру присматириваюсь с сдержаностью и если вдруг надо играть, то надежнее на подлинном сайте
    888 покер бонус при регистрации

  6. Люблю покатушки на демо. А к покеру присматириваюсь с осторожностью и если вдруг надо веселится, то вернее на официальном ресурсе
    888 покер отзывы

  7. Hire Expert Freelancer According To Your Needs.
    .
    I’m Mahmud Ghazni From Bangladesh. I’m a Professional IT Freelancer. First of all, I apologize for making such a comment on your site. You may think this is spamming but I am only doing this for the purpose of attracting the attention of clients.
    .
    I’m able to make this comment on your website which means your website may be brand new or not yet properly configured. That means you may need a professional help. And if that happens then, I’m here to help you. I’m a Porfessional Web Design & Developer. For the past 3 years I have been providing services to various IT company in our country. Due to the current Covid pandemic situation and the impact of the lockdown, many companies have closed down. That’s why I’m currently offering freelance services to international clients. Since I am a new Freelancer in the online marketplace, That’s why I’m trying to reach clients in various ways.
    .
    You can hire me from here: https://ghazni.me
    .
    I’ve a lot of experience with WordPress such as WordPress Theme Customization, Landing Page Design, Fixing 500 & & 404 Errors, Website Migration, SEO Optimization, Malware Removal, BulletProof Web Security, Fixing other WordPress issue etc.
    .
    If you need any kind of help, Feel free to contact with me. I’m always ready to help you. Hopefully, I will be able to gain your trust and satisfaction.

  8. Обожаю развлечения на демо. А к покеру присматириваюсь с бдительностью и если нужно катать, то лучше на официальном ресурсе
    888 покер турниры

  9. Испытываю удовольствие от экшена игровых автоматов. Все заносят в Казино икс через портал
    https://4xcasino.ru

Comments are closed.