Sybille Ebert –Schifferer wurde dieser Tage vom Bundespräsidenten geehrt und ist zwei Jahre vor dem üblichen Pensionsdatum in den – voraussichtlich höchst aktiven – Ruhestand getreten. Damit geht an der Hertziania in Rom, dem Kunsthistorischen Institut der Max-Planck-Gesellschaft, eine Ära zu Ende. 2014 war Mitdirektorin Elisabeth Kieven ausgeschieden, die sich der Architektur des 17. und 18. Jahrhunderts verschrieben hatte. Jetzt ging Sybille Ebert-Schifferer, deren Namen stets im Zusammenhang mit Caravaggio auftaucht. Diesem genialen Maler des Frühbarocks widmete sie auch besonders viel Aufmerksamkeit. Und auch weiterhin spürt sie dessen stürmischem Leben nach. Aber Sybille Ebert-Schifferer war auch Dramaturgin und die erste, die nach dem Fall der Mauer Generaldirektorin der Staatlichen Kunststammlungen in Dresden war, war Chefin des Verbandes deutscher Kunsthistoriker war sie auch.
Sie und Frau Kieven standen als Kunsthistorikerinnen in der Tradition der alten Lehrgeneration. Sie hatten sich zum Beispiel mit Christoph Luitpold Frommel zu messen, der bis 2001 die Hertziana geleitet hatte und dort heute noch eine Rolle spielt. Er arbeitete über Peruzzis Werk im Farnesina-Palast von Rom und Michelangelos Grabmal für Julius II. Auch Rudolf Preimesberger, ebenfalls in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geboren, gehört zu den Altgiganten, die ihr wissenschaftliches Interesse mehr in die Tiefe eines Sujets als in nachbarschaftliche Breiten lenken. Man möchte annehmen, allmählich alles über die tragenden Säulen und ihre Heiligen-Skulpturen unter der Kuppel von Sankt Peter zu wissen. Aber auf Bitten von Sybille Ebert-Schifferer entwickelte Preimesberger zu ihrem Abschied die gesamte Choreographie, die Kunstwerke und ihre Aufrufe an den Pilger neu auf; so wie es lange Zeit Vorbild war.
Jetzt folgt an der Hertziana nach den Großvätern und Müttern die Generation der siebziger Jahre mit völlig neuen Interessen: Die derzeitige geschäftsführende Direktorin Tanja Michalsky legt neben ihrem Interesse für die Kunst Neapels und die frühe Kartographie das Augenmerk auf Themen wie die Visualisierung der sozialen Räume oder die Kunsttheorie. Der zweite Direktor Tristan Weddigen interessiert sich für die globale Vernetzung italienischer Kunst, für Fragen der Materialität und Medialität. Das ist alles sehr spannend – und ganz anders. Früher waren die Forschungsbereiche der drei Direktoren der Hertziana relativ streng voneinander getrennt. Jetzt werden sich diese Grenzen verwischen.
Bei Ebert-Schifferers Abschied würdigte die deutsche Botschafterin am Quirinal, Susanne Wasum-Rainer, die scheidende Direktorin: Sie habe sich in ihrem Amt über „die Kraft der Kultur“ für die Schaffung des politischen Europas eingesetzt und „in beeindruckender Weise, Verantwortung für die Kultur in Europa wahrgenommen“. Frau Ebert-Schifferer wurde mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. jöb.