Das Erinnern an Auschwitz stärkt uns – Gegen rechte Geschichtskriecher

(Lesedauer 3 Minuten) Das 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz immer noch neue Details, neue Geschichten und sogar noch „neue“ Fotos auftauchen, ist erstaunlich – und gut. Das dieser Tage pünktlich zum Jahrestag veröffentlichte Album, das ein Lagermitarbeiter für die NS-Verbrecherführung in Berlin anlegte, ist schon darum so wichtig, weil der Fotograf offenbar keine Scheu, Schuld und Mitverantwortung kannte, als er auf seiner Kamera Menschen bannte, die schon mit einem Schritt in der Todeskammer waren. Er fotografierte lebende, mit Angst erfüllte Gesichter aus nächster Nähe nur Minuten vor ihrem Todeskampf im Gas.
Dieser Fotograf hatte mithin auch nicht eine Spur von Respekt. Dabei war dieser Mann kein Oberverbrecher sondern ein durchschnittlicher Mitarbeiter des Bösen. Wie ist es nur möglich, dass im selben Album auch gezeigt wird, wie Lagerherren auf ihrer Seite des Elektrozauns in der Sonne liegen und sich sonst vergnügen? Was für eine Verrohung! Nun mag man sagen, das wisse man doch alles in etwa schon. Aber es gibt viele Nachgewachsene, die halten das 75 Jahre danach für völlig undenkbar, denn Auschwitz ist ja „eigentlich“ auch undenkbar, und dann ziehen sie daraus den falschen Schluss, dass es wohl „so schlimm“ nicht gewesen sein wird, obwohl es genauso schlimm war.
In diesen Tagen sind die Zeitungen voll von Berichten über die Shoah. Ich finde das auch gut so; aber ich bin mir sicher, dass wir in nur wenigen Tagen schon die „anderen“ Stimmen wieder hören werden, die einfach derzeit nur schweigen, weil ein Aufmucken zum Jahrestag taktisch unklug wäre. Bald aber werden sie sagen, mit der „Auschwitz-Walze“ der letzten Tage hätten die Juden aller Welt das deutsche Volk wieder demütigen wollen. Ganz egal, was wirklich in Auschwitz geschehen sei, die Generation von heute gehe das sowieso nichts mehr an. Das ist nicht nur grober Blödsinn, weil es eben auch heute Fotografen gibt, die einfach nur drauf halten anstatt zu helfen; sei es bei einem Unfall oder im australischen Feuer. Gerade für diese Fotografen ist das Fotoalbum ein Angebot, sich selbst die Frage zu stellen: Was ist wichtiger – Instagram oder Leben? Sollte ich nicht lieber anpacken?
Auschwitz kann mithin eine Hilfe sein – nicht nur für Fotografen. Man ist besser gewappnet, wenn man die Geschichte von Auschwitz im Gepäck mitträgt. Als Mahnung – und keineswegs zur Demütigung. Die Leugner der Shoah oder auch solche AFD-Politiker wie Herr Björn Höcke, die das Erinnern klein halten wollen. („Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“), demütigen sich selber, weil sie die historische Wahrheit nicht ertragen sondern vor ihr wegkriechen. Sie machen sich sowie Deutschland klein und mickrig.
Denkmale, Stolpersteine und eben solche Jahrestage wie jetzt bieten die Chance, sich mit erhobenem Kopf und mit Selbstbewusstsein der Geschichte zu stellen. Das vermeintliche „Denkmal der Schande“ in Berlin ist so ein Monument der Stärke und gereicht Deutschland zur Ehre. Deutschland hat nach der NS-Zeit – so erstaunlich schnell – seinen Platz in Europa wiedererobert, weil es die Nazi-Vergangenheit als Herausforderung für die Zukunft akzeptierte und als Mahnung dafür begreift, alles dafür zu tun, dass so etwas in deutschem Namen nicht wieder geschieht. Die Schoah gehört mithin nicht nur auf jeden Schulplan, sie gehört in alle alten und jungen Köpfe – auch in die der neuen Bürger aus arabischen Staaten. Auch gegen die rechten Geschichtskriecher und zur Stärkung unserer Nation.