Illoyalität zahlt sich nicht aus – Franziskus feuert Gänswein

(Lesedauer 2 Minuten) Es ist erstaunlich, wieviel Geduld Papst Franziskus doch hatte. Von Anfang an war der Präfekt des Päpstlichen Haushaltes, Erzbischof Georg Gänswein, ein Kritiker dieses Papstes, seines Arbeitgebers. Wann immer man mit ihm zusammen war, hat er die Arbeit von Franziskus mehr klein geredet als gewürdigt. Ganz am Anfang sagte er einmal, dieser so genannte Reformkurs von Franziskus führe beim Kirchenvolk nur zu großer Verunsicherung und sei theologisch fragwürdig. Das sagte er mir im Beisein der damaligen Botschafterin Annette Schavan im Vorzimmer von Papst Franziskus, währen der Papst einen Gast empfing.
Gleichzeitig war immer bekannt, dass Gänswein den Rücktritt von Benedikt XVI. kaum verschmerzen konnte. Gänswein hätte es gerne gesehen, wenn der deutsche Papst der „wirkliche Papst“ geblieben wäre; und deswegen war Gänswein auch daran gelegen, möglichst viele Attribute – beim weißen Ornat angefangen – weiter wirken zu lassen. In einer Teestunde mit dem Papst-Emeritus, hatte Benedikt mir hingegen gesagt, es wäre ihm lieber gewesen, man würde ihn jetzt nur noch „Vater Benedikt“ nennen. Er wolle schließlich ganz im Schatten seines Nachfolgers leben. Ich fragte ihn, ob ich das veröffentlichen dürfe; und Benedikt stimmte zu; und es erschien ein Beitrag in der FAS. Danach gab es zwei Jahre Funkstille zwischen Gänswein und mir. Ich hätte ein geselliges Beisammensein für ein Interview missbraucht, lautete sein Vorwurf. Tatsächlich warf mir Gänswein unausgesprochen vor, dass ich ein wenig den Schleier der Gänswein-Herrschaft über Benedikt zur Seite geschoben hatte. Tatsächlich kommt nur zu Benedikt, wen Gänswein zulässt. Er kontrolliert den „alten Herrn“, wie er gerne sagt.
Viele der Texte, die in den letzten Jahren von Benedikt geschrieben wurden, sind wohlmöglich allein von Gänswein veröffentlicht worden. Sie waren vor allem dann von Brisanz, wenn sie als Kritik an Franziskus aufgefasst werden konnten. Die Herausgabe des jüngsten Buches von Kardinal Robert Sarah „aus der Tiefe des Herzens“ war dabei der Höhepunkt. Er habe Sarah vor einigen Monaten einen Text von Benedikt gegeben, hatte Gänswein gesagt. Benedikt habe ihm auch freigestellt, wie er mit diesem Text verfahren solle. Aber es sei doch nie von einem Buch und einer gemeinsamen Herausgabe mit Benedikt die Rede gewesen, empörte sich Gänswein etwas gekünstelt. Diese Aussage klingt nicht einleuchtend; ihr wurde auch von Sarah widersprochen, der sich gegen den Vorwurf wandte, er habe Benedikt hintergehen wollen. Von vornherein hatte Sarah ein Interesse daran, seine Thesen für die Zölibat-Beibehaltung zu veröffentlichen. Und so verfuhr er, wie man eben gemeinhin verfährt. Gänswein aber hatte Benedikt hintergangen; der mutmaßlich lieber im Schatten geblieben wäre. Eines Tages wird der „alte Herr“ sterben und Gänswein wird als dessen langjähriger Begleiter arbeitslos werden. Denn wer wird ihn dann noch holen wollen, zum Beispiel als Bischof nach Deutschland, wo er sich nun schon einmal als so illoyal erwiesen hat. Das ist sehr traurig für einen so begabten Theologen.